Bild: Weihnachtspfarrbrief 2022

Das Himmelstor – eine Deutung

Am Übergang vom Erdfriedhof zum Waldfriedhof liegen die Priestergräber der Kirchengemeinde. Gesäumt von 12 Linden, die an die 12 Apostel erinnern sollen, und einer Hecke, nimmt sich die Fläche wie der Umriss einer Kirche aus.

Nun wurde dieses Areal um ein Denkmal des Fürstenauer Künstlers Heinz Stall erweitert, das gewissermaßen in der Apsis dieser Anlage steht.

In unterschiedlichen Bildmotiven stellt es den Zugang zum ewigen Leben dar – Jesus Christus.

Von Weitem schon fällt der acht Meter hohe, schmale Metallrahmen auf. Die braune Farbe soll die Vorstellung eines Türrahmens verstärken, verweist aber zugleich auf das Holz des Kreuzes, an dem Jesus Christus hing.
In den Rahmen sind drei grüne Glaselemente eingearbeitet, die auf die Dreifaltigkeit (bzw. Dreieinigkeit) Gottes hinweisen. Das Grün ist dabei Ausdruck der Hoffnung und des Lebens. Je nach Sonnenstand scheint durch sie Licht hindurch. Nachts werden sie beleuchtet.

Betrachtet man dieses Denkmal auf dem Hintergrund des Johannesevangeliums, so kommen einem unweigerlich die „Ich-bin-Worte“ Jesu in den Sinn.

„Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh. 8,12)
wie Jesus selbst über sich sagt. Insofern mutet das Tor auch als Leuchtturm des Lebens an.
Links oben, fast schon entrückt, ist eine kleine Figur zu erkennen. Sie zeigt den gekreuzigten, gestorbenen und auferstandenen Christus, der über die Erde, gen Himmel enthoben ist. Der rechte Arm der Christusdarstellung ist etwas kürzer als der linke. Die Proportionen des Körpers nehmen somit die Form des Türrahmens auf und verbinden sich demnach mit diesem Tor. Ein Zeichen dafür, dass Jesus Christus für uns das Tor zum ewigen Leben geöffnet hat. Oder mit den Worten Jesu im Johannesevangelium gesprochen:

„Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.“ (Joh. 10,9)
Durch den Tod am Kreuz und die Auferstehung ist Jesus Christus selbst zur Tür geworden, durch die wir zum himmlischen Vater gelangen.

„Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater
ausser durch mich.“
(Joh. 14,6)
Das Tor, es lädt uns demnach ein, nicht nur den Übergang vom Diesseits ins Jenseits, den Durchgang vom irdischen Leben zur himmlischen Heimat bei Gott zu meditieren, sondern auch die Nachfolge Jesu Christi im Hier und Jetzt nicht aus dem Blick zu verlieren.

„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben.“
(Joh. 11,25–26)
Im Zeichen der Taufe verdichtet sich dies am deutlichsten: Hierdurch haben wir nicht nur den Geist empfangen, der uns zu Kindern Gottes macht und uns in der Nachfolge Christi leben lässt, wir wurden auch auf Christi Tod getauft. Und wenn wir mit Christus begraben wurden, so schreibt es Paulus im 6. Kapitel des Römerbriefs, dann werden wir auch mit
Christus auferweckt und in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln.
Als Menschen, die neues Leben in Christus empfangen haben, können wir aus der Quelle der Eucharistie schöpfen, die gleichsam der Höhepunkt der Selbsthingabe Jesu zum Heil der Welt ist.

Links von dem Tor befindet sich daher ein dreieckiger Felsbrocken aus Ibbenbürener Sandstein, auf dem eine Hostie dargestellt ist. Zudem ist eine natürliche Vertiefung im Stein zu einer Schale ausgearbeitet, die sich wie ein Kelch ausnimmt. Der Stein symbolisiert demnach einen Altar, der ja ebenfalls ein Sinnbild für Christus ist, der seinen Jüngerinnen und Jüngern sagt:
„Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.“ (Joh. 6,35)
Ein Leben aus der Taufe und die Feier der Eucharistie eröffnen uns dabei immer wieder neu einen Zugang zu Jesus Christus, der für uns das Tor zum ewigen Leben geworden ist.

So stellt uns das Denkmal das Erlösungswerk Christi, das Geheimnis unseres Glaubens, in seiner Gesamtheit vor Augen. Vor uns steht demnach nicht nur eine alternative Kreuzesdarstellung, sondern auch – auf einer anderen bildlichen Betrachtungsebene – das leere Grab, von dem der Stein weggewälzt worden ist. Wir bleiben nicht in der Dunkelheit der
Grabeskammer, sondern werden mit Christus auferstehen – der Weg zum Himmel steht offen.

In der Verbindung dieser beiden Glaubensgeheimnisse von Tod und Auferstehung erschließt sich uns demnach das Tor zu Himmel.

Christoph Mühl, Pastoralreferent (Text aus dem Weihnachtspfarrbrief 2022)


Bild: Weihnachtspfarrbrief 2022